Montag, 11. Juni 2018


Thomas Quasthoff (Bassbariton), „Nice 'n' easy“ in der Alten Oper Frankfurt, 10.06.2018


Thomas Quasthoff (Foto: Alte Oper Frankfurt)

Eine Matinee der Gefälligkeiten


Begleitet von Frank Chastenier (Piano und Arrangements), Dieter Ilg (Kontrabass) und Wolfgang Haffner (Schlagzeug) sang Thomas Quasthoff im letzten Matineekonzert von PRO ARTE in dieser Saison „Favourite Things“ aus seiner neuen CD Nice 'n' easy. Und das vor einem ihm sehr gewogenen, aber nicht zahlreich erschienenen Publikum. Arrangements von sattsam bekannten Songs und Welthits wie Moonglow von Billie Holiday (komponiert 1933 von Will Hudson und Irving Mill), Summertime von George Gershwin, Imagine von John Lennon oder auch Can´t we be friends, von Kay Swift, die diesen Ohrwurm 1929 für die Musikrevue The little Show komponierte. Ein Hit, der seit Benny Goodman, Frank Sinatra und Ella Fitzgerald zu den beliebtesten Standards gehört.


Dreizehn Arrangements mit Kommentaren des mittlerweile zum Bass gewordenen, einstmals als Bariton weltweit bekannt gewordenen Sängers. Seit 2006 nicht mehr als Opernsänger tätig und seit 2012 aus gesundheitlichen Gründen endgültig von den Bühnen verabschiedet, steht er wieder im Rampenlicht und das in einem Genre, weitab von der sogenannten ernsten Musik: dem Jazz. „Wir vier“, begrüßte er das Publikum nach den ersten beiden Songs, „haben Spaß auf der Bühne. Verbünden Sie sich mit uns!“ Und so sollte es sein. Sollte es so sein?

Mit Once for my Life (1968), seinerzeit ein Hit von Steve Wonder und Frank Sinatra, oder I can´t stand in Rain (1973), ein Soul-Hit aus den 1970er Jahren von Ann Peebles und von der Rock-Ikone Tina Turner zu Weltruhm gehypt, bespaßte Quasthoff  in tiefen Basstönen, elektronisch verstärkt und begleitet im Bebop-, Swing- und ein bisschen Neotraditionalismus bzw. Neobop-Stil des äußerst professionellen Trios das restlos begeisterte Auditorium. Regelmäßig sich wiederholende Improvisationen der Instrumentalisten kommunizierten mit dem rauen, bräsigen, monochromen Bass des Sängers. Quasthoffs elektronisch verstärkte Stimme geriet leider allzu oft zu einer Retorte der Technik, zu laut, zu undifferenziert, ohne Timbre, ohne Phrasierung und klare Intonation. Am besten war er tatsächlich, wenn er das Mikro verließ, wie in seinem Solo-Intermezzo, wo er neben Jodelelementen, Vokalspielen und Slapstick Einlagen einen Boogie Woogie der ganz persönlichen Art hinlegte. Auch wäre seine Imagine-Interpretation ohne Elektronik wohl um ein vielfaches eindrucks- und ausdrucksvoller ausgefallen.

v.l.n.r.: Dieter Ilg, Frank Chastenier, Thomas Quasthoff,
Wolfgang Haffner (Foto:Stephan Doleschal)

Quasthoff und seine Band erwiesen sich als ein perfekt professionell eingespieltes Quartett, was nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass ihrer Musik das Leben, die Spontaneität, das Überraschende fehlte. Man fühlte sich des Öfteren in eine Baratmosphäre versetzt, mit Gästen, die sich an Longdrinks festhalten, nach imaginären Abenteuern suchen und sich schließlich in verzweifeltes Besäufnis flüchten (ähnlich formulierte es Quasthoff zwischendurch in einem Anflug von Selbstreflexion). Da konnten auch seine politischen Statements keine Abhilfe schaffen. Die Welt in gut und schlecht einzuteilen („Den letzten amerikanischen Präsidenten (Obama) haben wir alle geliebt“, „Trump, das Arschloch (sic.) soll niemals in unser Land kommen“) hat der Musik bekanntlich noch nie genutzt, im Gegenteil.  

Quasthoff möchte die Menschen, wie er sagt, auf höchstem Niveau unterhalten, wobei ihm das Schönsingen nicht mehr reicht. Diesen Anspruch erfüllte er am gestrigen Abend nur bedingt, denn höchstes Niveau heißt nicht das Abspulen gängiger Jazz-Stile und Improvisationsmuster, und erst recht nicht, aus der Stimme eine rauschende, elektronisch übersteuerte Klangsoße zu machen. Quasthoffs Bass konnte Sängern wie Billie Holiday, John Lennon, Frank Sinatra, Steve Wonder oder John Hiatt, wie in seiner Zugabe Have a little Faith in me, kaum einen gesanglichen Gegenpol bieten. Im Gegenteil, zu viele Songs, wie vor allem Stardust (bekannt durch Nat King Cole) oder auch Secret Love  (Sammy Fain und Paul Webster), eigentlich ein Stück für Big Band und Trompeten Solo, passten einfach nicht zu seiner Bass- und schwankenden Kopfstimme.

Alles in allem eine Matinee für den gehobenen Geschmack eines saturierten Publikums, das sich bekanntlich am wohlsten in einer gefälligen Umgebung fühlt und sich gerne umschmeicheln und mit bekannten Rezepten verköstigen lässt. Dem wurde das Quartett bestens gerecht. Stehende Ovationen und rasendes Gejohle bewiesen es.

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