Samstag, 17. November 2018


Casino Royale in Concert, James Bond 007-Agententhriller (2006) mit Life-Musik vom Czech National Symphony Orchestra (Ltg. Jessica Cottis), Alte Oper Frankfurt, 16.11.2018


Casino Royale mit Daniel Craig als James Bond (Leinwand), Czech National Symphony Orchestra (Ltg.: Jessica Cottis)
Fotos: Daniel Juch


Mit Daniel Craig beginnt eine neue James-Bond-Ära


Es geht um Geld, um sehr viel Geld und sein Name ist Bond, James Bond, der seit 1962 mit charmanten, wirksamen, genuin männlichen und schier übermenschlichen Mitteln die Welt vor dunklen Mächten, skrupellosen Gangstern und menschenfeindlichen Terroristen rettet.


Casino Royale gehört natürlich dazu und doch markiert er einen Wendepunkt. Erst einmal spielt Daniel Craig die Rolle des 007-Agenten und ersetzt damit seinen etwas in die Jahre gekommenen Vorgänger, Pierce Brosnan. Er ist  jung, dynamisch, in bester körperlicher Verfassung, was auch sein Folterer und Gegenspieler, Le Chiffre, gespielt von Mads Mikkelsen,  neidlos anerkennen muss. Außerdem verkörpert er perfekt den Outlaw, den Gesetzesbrecher, den gefährlichen Fremden, den verschmähten Liebhaber und den sprichwörtlichen Schweinehund, dem Kollateralschäden vollkommen gleichgültig erscheinen, ganz so wie es der junge Sean Connery einstmals in Liebesgrüße aus Moskau (1963) oder auch Goldfinger (1964) verkörpert hat, und entspricht so der literarischen Vorgabe von Ian Fleming. Neu allerdings sind seine Gefühle, seine Unzulänglichkeiten, seine Zweifel, beeindruckend in Szene gesetzt im Verhältnis zwischen ihm und Vesper Lind, seine „Controllerin“ in Sachen Geld (hinreißend und glaubwürdig vertreten durch Eva Green), die nicht nur sehr schön, sondern auch ziemlich emanzipiert daherkommt. Absolut untypisch für die 007-Serie.

Die Gemeinschaftsproduktion von Metro Goldwyn-Mayer, Columbia Pictures, Eon-Productions und United Pictures wurde 2006 in London gestartet und gehört seitdem zu den meist gesehenen und erfolgreichsten Filmstreifen. So hat er die Produktionskosten von ca.150 Mill. Dollar bereits in wenigen Wochen um ein Vielfaches getoppt, wird seitdem rund um den Globus gezeigt und von der internationale Presse nahezu einhellig gelobt.

Der Erfolg in der Alten Oper war also quasi vorprogrammiert. Dennoch bleibt die orchestrale Livemusik zu diesem Film immer noch eine Ausnahme und bot insofern ein ganz spezielles und extraordinäres Ereignis.

Czech National Symphony Orchestra (Ltg.: Jessica Cottis)

Eine szenengerechte Lifemusik für einen rasanten und sportlichen 007

Es ist eine emotionale, höchst einfühlsame und szenengerechte Musik, die der bekennende James Bond Fan, David Arnold (*1962), zu diesem knallharten, zuweilen an die Grenze des Erträglichen gehenden Thriller geschrieben hat. 

Ein großes Orchester, mit zehnfach besetzten Streichern, vierfach besetzten Bläsern und  dreifach besetztem Schlagwerk erzeugte unter seiner Partitur ein Klangfarbenspiel und spannungsgeladenes Gewitter von bestechender Eindringlichkeit. Handlung und Musik bildeten eine dem Temperament und der Stimmung angemessene, der brutalen Atmosphäre der Verfolgungsjagden und extrem sportlichen Kampfsequenzen wie der Pokerspiele und Liebesbezeugungen der beiden Hauptdarsteller verblüffend stimmige Komplementarität. Ein Spannungsmoment, das der Musik über den begleitenden Effekt der Szenen hinaus eine tiefe psychologische Verwobenheit mit der inneren Verfasstheit der Personen verlieh. 

Angst, Wut, Action, Kampf oder auch Hingabe, Liebesbezeugung  und Vertrauen, alles das wurde in expressive wie lyrisch und melodisch eingängige Musik gefasst.
Selbst der Titelsong: „You know my name“ von Chris Cornell (1974-2017) sollte nach Auffassung von Arnold in „die Seele des neuen James Bond hereinschauen“, was allerdings wenig gelungen ist, da der Song eher das Lyrische in der Vordergrund stellt, die aber von Arnold beabsichtigte „es ist besser, man geht ihm aus dem Weg“-Seite fast schon sträflich vernachlässigt. Der Song wurde im Übrigen mit der Stimme von Chris Cornell vom Band abgespielt, eher ein kleiner Wermuttropfen auf die ansonsten großartige Wiedergabe des Czech National Symphony Orchestra (CNSO) unter der, mit großer Musikalität und körperlicher Dynamik ausgestatteten Dirigentin, Jessica Cottis. Sie führte mit traumhafter Sicherheit das aufmerksame, film-, jazz- und musicalaffine Orchester durch den doch gut zweieinhalbstündigen körperbetonten und draufgängerischen Agententhriller.

David Arnold, vielfach preisgekrönt, Komponist auch von The Independence Day oder auch Stargate, hat bereits fünf 007-Streifen mit seiner Musik bereichert. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass Monty Norman (*1928) bereits zum ersten James Bond: 007 jagt Dr. No (1962) die für alle weiteren Filme geltende Erkennungsmelodie schrieb. Arnold hat sie natürlich in viele Szenen eingebaut. Höhepunkt dabei die Coda am Comer See: White (Jesper Christensen), der Drahtzieher der Terrorbande, wird von Bond gestellt. Hier fällt erstmals der Satz: „Mein Name ist Bond, James Bond.“ Dann schießt er White ins Jenseits. Dazu die Norman-Melodie, von Arnold für großes Orchester bearbeitet. Mit E-Gitarre sowie elektronisch verstärkten Streichern und Bläsern bot er ein gewaltiges Showdown mit leider etwas schräger Gitarre, was aber gut zur Person des Daniel Craig in seiner neuen Rolle als James Bond passte. 

Daniel Craig als James Bond (Leinwand), Czech National Symphony Orchestra (Ltg.: Jessica Cottis)

James Bond lebt, auch wenn, oder gerade weil er mit vielen alten, auch liebgewordenen Zöpfen aufgeräumt hat. So kommt die Vorzimmerdame Miss Moneypenny nicht mehr vor, wie auch die technischen Spielereien von Q. Ebenso sind viele Rituale gestrichen, wie die obligatorischen „geschüttelt nicht gerührt!“-Sequenzen. Stattdessen die genervte Antwort auf die entsprechende Frage eines Barmixers: „Sehe ich aus, als ob mich das interessiert?“ Nur ein Beispiel von vielen für diesen, absolut lebendigen James Bond, dem von Arnold eine passende Musik wie auf den Leib geschnitten wurde.

Viel Beifall für den Film wie für die absolut gelungene musikalische Live-Show.

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