Jonas Kaufmann (Tenor), Kate Aldrich (Mezzosopran) und die PKF – Praque Philharmonia (Jochen Rieder), Alte Oper Frankfurt, 10.02.2019 (eine Veranstaltung von PRO ARTE Frankfurt)
Jonas Kaufmann (Foto: PRO ARTE) |
Französische Liebe – einzigartig
Auf den Tag genau vor einem Jahr begeisterte Jonas Kaufmann (*1969) die vollbesetzte Alte Oper Frankfurt mit Hugo Wolffs „Italienisches Liederbuch“, das er gemeinsam mit der Sopranistin Diana Damrau und dem Pianisten Helmut Deutsch präsentierte. Dieses Mal entschied er sich für die französische Oper des 19. Jahrhunderts, die er selbst „als einzigartige Epoche der europäischen Kultur“ bezeichnet.
Mit Werken aus seiner preisgekrönten CD L´Opera (2017) von Georges Bizet (1838-1875), Jules Massenet
(1842-1912), Giacomo Meyerbeer (1791-1864), Hector Berlioz (1803-1869), Charles
Gounod (1818-1893), Emmanuel Chabrier (1841-1894), Ambroise Thomas (1811-1896)
und Jacques Fromental Halévy (1799-1862), verlieh er mit einem bestens
eingespielten Team – der amerikanischen Mezzosopranistin Kate Aldrich (*1973) und den von seinem Freund und musikalischen
Wegbegleiter, Jochen Rieder (*1970),
einfühlsam geleiteten Prager Philharmonikern
– der Alten Oper Frankfurt wieder einmal einen ganz besonderen Glanz.
Eine Performance zwischen Liebeshymnen und Grande Opéra, gerahmt
von Orchesterstücken, Arien und Duetten – bot Kaufmann ein kurzweiliges Programm
quer durch das französische Opernrepertoire und gleichzeitig einen Blick zurück
in das äußerst lebendige Musik- und Liebesleben Frankreichs in vormoderner Zeit.
Mit herrlich weichem Timbre und samtener Kopfstimme sang er
gleich zu Anfang die Arie des Vasco da Gama aus Meyerbeers L´Africaine: Herrliches Land,
glücklicher Garten!, und erntete brandenden Applaus. Auch die Cavatine und
Arie aus Gounods Romeo und Julia: „Die Liebe! Die Liebe!“, mit einem
orchestralen Vorspiel, konnte durch seine ausgeprägte Lyrik und durchsichtigen
Pianissimo-Passagen absolut überzeugen.
Da hatte es Kate Aldrich nicht gerade einfach mit ihrer Habanera Arie aus Bizets Carmen: „Die Liebe ist ein
widerspenstiger Vogel, den keine zähmen kann.“ In spanischem Outfit, schulterfreier
roter Robe, schwarzem wallenden Haar und stimmgewaltiger vibratoreicher
Ausdruckskraft, verkörperte sie eine verführerische, begehrenswerte Schönheit
auf der Bühne und konnte gleich das Publikum auf ihre Seite ziehen. Kaufmanns Blumenarie des Don José: „Die Blume, die du mir zuwarfst, blieb im
Kerker bei mir …“, war dann voller Liebeszauber, herrlich sehnsuchtsvoll und gab
dem Gesangspaar bereits eine erotische Note wie prickelnde Momente.
Das Finale des 1. Aktes aus Massenets Oper Werther, in dem beide, Lotte und Werther, ihr Scheiden beweinen und
ihre Liebe bezeugen, geriet unter Kaufmann und Aldrich zu einem hinreißend dramatischen
Akt der unerfüllten Liebe. Eine realistisch gespielte Szene, die ein nachdenkliches
Publikum zurückließ.
v.l.: Jonas Kaufmann, Kate Aldrich, Jochen Rieder, im Hintergrund PKF - Praque Philharmonia (Foto: PRO ARTE) |
Spontaneität und Witz sind das Salz in der Suppe
Mit Berlioz´ Rákoczy-Marsch
aus seiner Faust Oper wurde der
zweite Teil eingeleitet und durch die Arie des Faust: „Danke, süßer Dämmerschein! O, sei mir willkommen!“ abgeschlossen.
Sehr getragen, mit leiser, gefühlvoller Stimme und etwas kehligem Tonfall, der Gänsehaut
erzeugte, sang Kaufmann diese Liebesbezeugung an Margarethe. Selten gehört dann
die Arie des Éléazer: „Rachel, als die
Gnade des Herrn deine Wiege in meine zitternde Hand gab, …“, aus Halévys Oper
Die Jüdin, die er mit schlanker
Stimme, nur von zupfenden Streichern begleitet, und großer Hingabe sang.
Kontrastierend dazu seine Arie des Rodrigue: „Ach alles ist aus!“ aus Massenets Oper El Cid. Hier überzeugte er mit kernigen,
volltönigen Höhen, unglaublicher Dynamik und stimmlicher Variabilität. Enthusiastischer Beifall war ihm sicher.
Das Finale gestalteten Kaufmann und Aldrich in einem bemerkenswerten
Duett aus Carmens Schlussakt. Beide
glänzten hier durch schauspielerisches und dramatisches Vermögen. Ein fatales
Ende, in dem der eifersüchtige José die freiheitsliebende Carmen ersticht. Ein
fast 15-minütiger Kampf der Geschlechter voller gesanglicher Höhepunkte.
Aldrich zeigte hier ihren großen Stimmumfang, der vor allem im Altbereich sehr
präsent wirkte. Und Kaufmann ließ hier seinen Tenor voll zur Geltung kommen,
ja, man konnte hier durchaus den Hauch des großen Luciano Pavarotti verspüren.
Ein Abschluss nach Maß, allerdings ohne große Überraschungen und spontane Einlagen. Bis dahin.
Kaufmann gab zwei Zugaben aus Massenets Manon und bat danach Aldrich wieder auf die Bühne, mit der er dann die Barcarolle aus Offenbachs Hofmanns Erzählungen sang, eigentlich
ein Duett für Mezzo und Sopran, bei dem Kaufmann tatsächlich die Sopranstimme
übernahm. Dazu zog er seinen Frack aus, hängte ihn seiner Partnerin über die
Schulter, öffnete seinen Kragen und sang in den höchsten Soprantönen. Kein Scherz.
Er sang vom Blatt und das in Perfektion. Das Publikum war begeistert, und der
äußerst sympathische Bayer zeigte sich sowohl als Kavalier wie auch als bodenständiger Komiker
im Stile eines Gerhard Polt. Diese Zugabe war das Salz in der Suppe eines ansonsten eher akademischen
und detailliert durchorganisierten Programmablaufs.
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