Samstag, 20. April 2019


Liliom, Ballett von Tim Plegge nach dem gleichnamigen Schauspiel von Ferenc Molnár, Aufführung am Staatstheater Wiesbaden, 19.04.2019

Sayaka Kado (Julie), Daniel Alwell (Liliom)
Foto: Regina Brocke

Gereifter und Intimer


Nach der gelungenen Uraufführung am 22. Februar im Staatstheater Darmstadt, wo es vom Publikum frenetisch gefeiert wurde (siehe meine Kritik vom 23.02.2019), ist Liliom seit dem 30. März an das Staatstheater Wiesbaden gewechselt und findet auch hier sein begeistertes Publikum.


Das Ballett hat unbedingt an Reife gewonnen, die etwas kleinere Bühne des großen Hauses lässt das Bühnenbild besser zur Wirkung kommen und das Handlungsgeschehen insgesamt intimer erscheinen. Man fühlte sich als Zuschauer unmittelbar mitgenommen, wozu die exzellente Lifemusik des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden unter der Leitung von Albert Horne sowie die Pianistin Erika Le Roux einen nicht unerheblichen Beitrag leistete.

Bei der ansonsten identischen Besetzung der Darmstädter Uraufführung (mit Ausnahme der genannten musikalischen), kann man die Frage, ob ein Volksstück, ein Sozialdrama, wie Liliom eines ist, rein tänzerisch zur Aufführung gebracht werden kann, beim sogenannten zweiten Hinsehen mit einem unbedingten JA beantworten.

Vor allem dann, wenn die einzelnen Charaktere in Bewegung und Mimik tiefenscharf analysiert und klar erkennbar sind (Tim Plegge im Gespräch mit der Dramaturgin Karin Dietrich), wozu der Stoff dieses über 100-Jahre alten Theaterstücks beste Voraussetzung bietet. Nicht umsonst wurde Ferenc Molnárs Liliom bereits wenige Jahre nach seiner Bühnenpremiere verfilmt (1919 unter Michael Kertesz und 1934 unter Fritz Lang), später zum Musical adaptiert (1944/45 unter Richard Rogers und Oscar Hammerstein) oder gar zum Libretto einer Oper verwendet (2016 von Johanna Doderer).

Tim Plegge (Ballettdirektor) kommt das Verdienst zu, dieses Handlungsdrama mit extrem differenzierten, ja zerrissenen Persönlichkeiten in ein spannungsgeladenes Ballett verwandelt zu haben. Und das ohne Worte, nur durch das Narrativ der Körper.

Das ist im großartig gelungen und hat das Publikum auch in Wiesbaden restlos überzeugt. Vier Vorhänge, lautes Bravo und stehende Ovationen waren hierfür der beste Beleg.

Nächste Vorstellungen: 26.04. und 12.06.

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