123. Internationalen
Maifestspiele Wiesbaden, 30.04. bis
31.05.2019
The Fairy Queen
(1692), Oper konzertant von Henry Purcell (1659-1695), Staatstheater Wiesbaden,
18.05.2019
Ensemble Mattiacis im Foyer des Staatstheaters Wiesbaden, links an der Orgel: Thomas de Vries (Foto: Ensemble Mattiacis) |
Eines der schönsten Gesamtkunstwerke
Es zählt zu den schönsten Gesamtkunstwerken, das die Musikliteratur anzubieten hat, sagte einmal sinngemäß der angesehene Theater- und Musikkritiker, Wolf-Eberhard von Lewinski (1927-2003), womit er punktgenau ins Schwarze traf. Ein Barocktheater in Reinkultur ist dieses Shakespeares Sommernachtstraum nachempfundenes Musiktheater. Oder ist es ein Bühnen-, ein Maskenspiel oder gar eine Ballett? Es hat von allem etwas. Im Wiesbadener Foyer, in der Pracht des süddeutschen Rokoko, fand die abgespeckte konzertante Version von Henry Purcells (1659-1695) The Fairy Queen (1692) ein angemessenes Ambiente und konnte das Publikum restlos begeistern.
Wer das Libretto zu The
Fairy Queen schrieb ist unbekannt, bekannt dagegen ist, dass die Partitur
samt Text verloren ging und erst 1901 in der Royal Academy of Music
wiederentdeckt wurde. Seitdem erfuhr die Oper viele Neubearbeitungen und ist ein Festspiel mit besonderem Reiz für viele
Opernhäuser geworden.
In Wiesbaden hat es sich der Bariton des Staatstheaters
Wiesbaden, Thomas de Vries (wer erinnert
sich nicht an seine Rollen als Biterolf in Tannhäuser,
den Jochanaan in Salome oder erst
kürzlich den Beckmesser in Die
Meistersinger), gemeinsam mit Christian
Pfeifer (Einstudierung), zur Aufgabe gemacht, das gut zweistündige Konvolut
(es besteht aus bis zu 60 Nummern und ist in fünf Akte aufgeteilt) zu einer
konzertanten Form zusammenzuschweißen. Ein Unterfangen, das er mit seinem Ensemble Mattiacis (15 Instrumentalisten),
mit acht SolistInnen (Katharina
Heißenhuber und Sharon Kempton,
Sopran, Anna Maria Torkel,
Alt/Mezzo, Michael Pegher, Tenor,
Philipp Mayer, Bass, Benjamin Russell, Bassbariton, sowie Igor Palmov und Gert Hohmann, Countertenor) und einem 16-köpfigen Chor des collegium vocale Wiesbaden insgesamt
doch recht kurzweilig auf die illustre wie imposante Foyerbühne des Wiesbadener
Staatstheaters brachte.
Auf 54 Nummern und acht (statt 16) SolistInnen reduziert – darunter
diverse Tänze wie Menuette, Gigs, Hornpipes, Jigs, Air oder Rondeaus, alles
beliebte Volkstänze des 17. und 18. Jahrhunderts – enthielt der
Handlungsrahmen, weit entfernt von Shakespeares Sommernachtstraum, musikalische Episoden, die vom Dichter und den
Elfen (1. Akt), den Geistern der Nacht (2. Akt), der Liebe des Bauernpaares
Corydon und Mopsa (3. Akt), der Erscheinung des Phoebus (Apoll), 4. Akt, handelten und bis zu
den Freuden des Garten Edens im chinesischen Garten mit dem Auftritt von Juno (Königin
der Götter), und Hymen (Gott der Ehe), 5. Akt, reichten. Das alles entbehrte
zwar einer logischen Entwicklung, bekam aber seine endgültige Pointe spätestens
dann, als Chor und SolistInnen mit Pauken und Trompeten gemeinsam den
Triumpfgesang anstimmten: „Sie sollen so glücklich sein, wie sie schön sind.“
Viel Witz und Poesie ohne Tanz und Spektakel
Thomas de Vries (Foto: Staatstheater Wiesbaden) |
Man muss allen Akteuren, und da vor allem Thomas de Vries,
ein großes Lob aussprechen. Mit Witz, Poesie und guter Stimmqualität – wobei Katharina Heißenhubers koloraturreicher
glockenklarer Sopran, Anna-Maria Torkels
gewaltiger Stimmumfang vom gutturalen Alt bis fast in sopranistische Höhen, Philipp Mayers gewaltiger, aber
lyrischer Bass und nicht zuletzt der stimmgewaltige Bassbariton Benjamin Russell, ein Naturtalent, das
sowohl in den tiefen wie den hohen Tonlagen
zu überzeugen wusste, hervorzuheben sind –, begleitet von einem bestens
eingespielten, auf barocken Instrumenten spielenden Ensemble Mattiacis (Basso continuo/Chitarrone) und einem gut
integrierten Chor des collegium vocal
Wiesbaden, verstanden sie es, das doch eher als Bühnenspiel voller Tanzeinlagen,
Bühneneffekten und Maskeraden gedachte Opernwerk mit viel Abwechslung, einigen
amüsanten Zwischenepisoden (das Liebesspiel zwischen Corydon und Mopse) und
instrumentalen Intermezzi interessant zu gestalten. Allerdings konnten sie dabei nicht verhindern,
dass das wunderbare Handlungsgeschehen notgedrungen auf der Strecke bleiben musste.
Man wünschte sich dieses „schönste Gesamtkunstwerk“ einfach nur als
spannungsgeladenes Musiktheater auf die Bühne.
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