Cello & Cello,
Katharina Deserno und Manuel Lipstein spielen Cello-Duos von Jacques Offenbach und andere Werke,
Sparkasse Offenbach, 16.10.2019
Offenbach am Main feiert seinen Enkel Jacques Offenbach zum 200. Geburtstag, 20.09 – 10.11.2019
Katharina Deserno (Foto: Website von Katherina Deserno) |
Von brillant bis sehr schwierig
Vor flächigem Glasfenster mit Blick auf die Frankfurter Skyline saßen zwei noch sehr junge Violoncellisten: Katharina Deserno (*1982), ihres Zeichens Professorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) in Frankfurt, und Manuel Lipstein, erst 18 Jahre alt und bereits mit unzähligen Preisen als Interpret und Komponist ausgestattet. Verfolgt wurden beide vom kritischen Blick der 3-D Büste Jacques Offenbachs – eine Leuchtkunstwerkkopie der Studenten der HfG –, der ja bekanntlich seinerzeit zu den besten Cellisten der bekannten Welt gehörte und als Wunderkind mit Franz Liszt, Felix Mendelssohn-Bartholdi und Artur Rubinstein musizieren durfte.
Das Programm, das Katharina
Deserno und Manuel Lipstein
vorstellten bestand aus den drei letzten der dreizehn Cello-Duos (op. 52 von
1846, op. 53 und op. 54 von 1847) von Jacques Offenbach (1819-1880) sowie einer Eigenkomposition Guitarresco
(2016) des Multitalents Lipstein und einer Romanze 7 Rosen für Cello solo (2018) von Violeta Dinescu (*1953).
Opus 52 besteht
aus drei Duetten. Sie werden als „Trois Duos brillants“ bezeichnet. Deserno und
Lipstein wählten das mittlere in D-Dur daraus, eine dreiteilige Sonate mit
einleitendem Allegro maestoso, einem Andante als Mittelstück und einem
abschließenden Scherzo. Noch merkte
man beiden ihre Nervosität an, ein wenig Klappern, ein harter, zu harter Strich
mit viel Fortissimo und viele kleine Ungenauigkeiten. Dennoch lebte dieses
Stück mit liedhaften Partien im Stile Robert Schumanns und virtuosen Einlagen à
la Liszt und Fréderic Chopin vom jugendlichen Überschwang und der Empathie der beiden
Virtuosen.
In des Fußstapfen des Wunderkinds
Lipstein, selbst vielerorts als Wunderkind bezeichnet,
leitete seine Komposition Guitarresco
mit seinen Probenerfahrungen ein: „ Üben macht nicht immer Spaß. Deshalb habe
ich die Gewohnheit, einfach einmal hinzuzupfen (sic.). Meine Mutter spielt
Gitarre. Und da kam ich auf die Idee, eine Zupfkomposition für Cello zu
schreiben.“ Tatsächlich erinnerte Vieles an ein virtuoses Gitarrenstück mit
komplizierten Griffkombinationen, Blue notes, Dezimenläufen und akkordischen Schlägen.
Man hörte hier schon seine technische Brillanz heraus, wenngleich das Stück
doch recht wenig Struktur aufwies und eher als spontane Improvisation bezeichnet
werden müsste.
Manuel Lipstein (Foto: Britta Berg) |
Auch opus 53
besteht aus drei Duetten, woraus die Beiden das mittlere in a-Moll spielten. Ihre Bezeichnung geht
bereits eine Stufe höher, denn sie werden mit „Trois Duos difficiles“ (drei
schwierige Duette) betitelt. Hier serviert Offenbach wohl eine typische Salonmusik
mit variativem Charakter, steigernd bis zu schwierigen und technisch anspruchsvollen
Passagen. Deserno bemerkte hierzu mit hintergründigem Humor, dass Offenbach
neben seiner musikalischen Ausnahmestellung auch schauspielerisches und
geschäftliches Talent mitbrachte, um zum Gesprächsstoff der Salongesellschaft
zu werden. So sei er während einer seiner schwierigen Cello-Passagen unvermittelt
zusammengebrochen. Ein fingierter Ohnmachtsanfall, der ihn vor allem bei den
ihn zärtlich umsorgenden Damen spätestens dann zum absoluten Helden werden
ließ, nachdem er aus der vermeintlichen Ohnmacht erwachte und zum Entzücken der
Gesellschaft weiterspielte, als ob nichts geschehen sei.
Deserno, sichtbar
schwanger, kommentierte hierzu, dass sie selbst gerade außer Atem sei. Wollte
sie damit andeuten, dass bei einem eventuellen Ohnmachtsanfall ihrerseits – der
natürlich nicht eintrat – weder Schauspielerei noch Geschäftssinn im Spiele sei?
Eine Ode an die Liebespaare
Ihre Romanze 7 Rosen
für Cello Solo, ein poetisches Stück nach einem Liebesgedicht von Bert
Brecht: „Sieben Rosen hat der Strauch, sechs gehören dem Wind, aber eine
bleibt, dass auch ich noch eine find“, gehörte mit zum Eindrucksvollsten des
Abends. Mit wunderbarer Dynamik, differenziertem Strich, herrlichen Tremoli,
treibenden Glissandi, voller Gesang und Hingabe ließ Deserno ihr ganzes Können
aufblitzen und das von Pentatonik und arabischer Ornamentik geprägte Werk zu
einer Ode an alle Liebespaare werden.
Aus dem abschließende Opus
54, wiederum dreiteilig mit dem Obertitel „Trois Duos très difficiles“
(Drei sehr schwierig zu spielende Duette) wählten die Cellisten das erste in B-Dur/g-Moll aus. Lipstein ergänzte in seiner Einleitung noch, dass der Obertitel mit „pour les artistes“ (nur für
Virtuosen) erweitert sei. Brillanz also auf höchstem Niveau. Die Violoncelli
sollten zwitschern wie Vögel, Geigen und Gitarren imitieren, wie Dudelsäcke
klingen und in den höchsten Tönen wie in den tiefsten Bässen glänzen.
Mit Mut und Begeisterung
Anforderungen also, die kaum zu erfüllen sind, wessen sich
beide auch bewusst waren. Mit größter Empathie und tiefer Hingabe stürzten sie
sich in die extrem virtuose und musikalisch äußerst anspruchsvolle Sonate, mit
religiösem Touch im Adagio, einer
homophonen, choralähnlichen Liturgie, und einem abschließenden Rondo, gespickt mit Sechzehntel-Vorschlägen,
komplexer Rhythmik und vor allem mit höchsten technischen Anforderungen. Hier
hat Offenbach „alles reingepackt, was so geht“ (Deserno). Und dem war auch so.
Dieses opus 54 gehört auch heute noch
zum Non plus ultra der Violoncelloliteratur.
Nicht alles konnte überzeugen, aber der Mut des Duos
Deserno/Lipstein und ihre Begeisterung für Offenbachs Musik machte Vieles wett. Man hatte sogar bei ihrer vom
begeisterten Publikum geforderten Zugabe – sie wiederholten das Scherzo aus dem Opus 52 –, den Eindruck,
dass sie sich endlich freigespielt haben. Hier fanden sie zueinander und bewiesen
ihre Extraklasse. Auch die 3-D Büste Jacques Offenbachs, in Rosa beleuchtet, schien zufrieden zu lächeln.
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