Vorschau
Wagner Projekt – Die
Meistersinger von Nürnberg, A School of Hip Hop, mit Akira Takayama und sein
Produktionsnetzwerk Port B, Künstlerhaus
Mousonturm, 28.11. – 08.12. 2019
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WAGNER PROJECT - Meistersinger von Nürnberg/A School of Hip Hop (Foto: Mousonturm) |
Hip HopperInnen und RapperInnen einmal nicht unter sich
Was haben eigentlich Wagners Meistersinger von 1868 mit Hip Hop und Rap gemeinsam? Zuerst einmal gar nichts. Auf den 2. Blick aber doch sehr viel. Denn der japanische Theaterkünstler Akira Takayama, der diese Oper über den mittelalterlichen Sängerstreit zwischen den Nürnberger Meistersingern und dem Minnesänger Walther offensichtlich gut kennt, sieht hierin zu Recht eine Parallele zur gegenwärtigen Kunst- und Musikszene. Auf seiner Suche nach immer neuen Kunst- und Theaterformen, worin er Richard Wagner nicht unähnlich ist, hat er sich zur Aufgabe gestellt, binnen zehn Tagen die Hip Hopper- und Rapper-Szene, eine dem Kulturbetrieb diametral entgegengesetzte Kunstform, in den gesellschaftlichen Kontext postmodernen Kulturlebens zu stellen und der Frage nachzugehen, ob tatsächlich eine Apotheose im Sinne der genialen Schlussansprache des Hans Sachs: „Verachtet mir die Meister nicht und ehrt mir ihre Kunst!“ möglich ist. Eine Aufforderung an die Traditionalisten wie an die Futuristen, das Alte wie das Neue ohne Ressentiments zu schätzen.
Die Idee Takayamas ist so einfach wie überzeugend. Aus einem
Pool von 74 Hip-Hoppern und Rappern werden in einer Public Audition, einem Sängerwettstreit (28.11.), von einer
neunköpfigen Jury 18 Meisterschüler (Wagner Crew) ausgewählt, die mit
ca. 40 nationalen und internationalen Stars ihres Metiers ( mit Meistersingern) während zehn Tagen
zusammenarbeiten dürfen. Ein friedlicher Wettstreit mit einem aktiv teilnehmendem
Publikum, der Wagner Community.
Es folgen tägliche Workshops
zwischen 16 und 19 Uhr (öffentliche Schulen für die Wagner Crew wie die Wagner
Community), und anschließenden Performances zwischen 19.30 und 22.00 Uhr.
Höhepunkt des Projekts sollen der 07. und 08.12. sein. Offene
Proben (16 – 19 Uhr) und eine Wagner Crew
Show (19.30 – 21.00 Uhr) am Samstag, den 07.12., und ein ganztägiges Wagner Projekt, ein Open Day am Sonntag, den 08.12. (16 – 22
Uhr), bilden den Clou für alle, die diesen „Wettstreit“ begleiten. Ende offen,
so Takayama, aber - ganz im Sinne Wagners - eine Apotheose zwischen Hip Hop, Rap
und etablierter Kunst absolut möglich.
Die Künstler
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DJ Nikki on Fleek |
Interessante Künstler haben sich angesagt. Drei davon
erzählten auf der Pressekonferenz am 26.11. im Mousonturm von ihren Anliegen
und Interessen:
DJ Nikki on Fleek,
von Haus aus Sozialpädagogin, möchte dem männlichen Mythos des Auflegens die
weibliche Variante entgegensetzen. Immer noch seien die weiblichen DJs unterrepräsentiert.
Am 01.12. wird sie von 17.45 – 19 Uhr den DJ Hype entmystifizieren.
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A. Frequency |
A. Frequency will
als Rapperin und Hip Hopperin den Frauen eine Stimme geben. Sie singt schon ihr
ganzes Leben lang, schreibt Songtexte und Gedichte, ist vom Funk, Soul, Jazz und
House beeinflusst und wird gemeinsam mit Timeless
und CashMo am 3.12 (19.30 – 22.00
Uhr) ihre Live Acts zu besten geben.
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Gianni Suave |
Gianni Suave, ein
Frankfurter Urgestein, verkörpert die Seele des Hip Hop. Als Gewinner des renommierten Raptags Contest 2016, lehnte er einem Plattenvertrag bei der Universal Tochter
Chapter ONE ab, weil er seine Authentizität bewahren wollte. Auch sein Kumpel Dario, mit dem er am 04.12. (17.45 –
19.00 Uhr) auftritt, hat bereits einen sechsjährigen Klosteraufenthalt mit ganz
eigener Philosophiebildung hinter sich. Man darf gespannt.
Vielleicht sollte noch hervorgehoben werden, dass auch eine
erkleckliche Anzahl Hip Hopper und Rapper aus Japan antreten wollen. Darunter Hirsoshi Egaitsu, Mitglied der Jury, Mitherausgeber
des Online Magazins Real Tokyo sowie
Dozent an den Universitäten in Tokyo und Kyoto, der am 05.12. in einer Lecture (16 – 17.15 Uhr) über die japanische
Szene berichten und sich am 01.12. gemeinsam mit Darthreider ( 20 – 22 Uhr) in Szene setzen wird.
Täglich also ein großes An- und Aufgebot, ein Fest für die Wagner Crew und Wagner Community und ein zumindest in Frankfurt erstes
internationales Projekt für diese doch weitgehend außerhalb des normalen
Kulturbetriebs stehende Kunstszene.
Ein Fest für alle und ein ganz neues Musiktheatergefühl
Alle Veranstaltungen finden im Künstlerhaus Mousonturm
statt. Also kein großer Festplatz wie bei den Meistersingern, sondern ein relativ eng begrenztes Spiel- und
Handlungsfeld. Besonders gefordert wird dabei das rege und innovative Team des Mousonturms
bei der Public Audition am 29.11. sein.
74 KünstlerInnen mit ihrem Anhang und Publikum vor einer Jury mit schillernden
Namen? Ein echter logistischer Kraftakt.
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snipe 1 (Foto: Mousonturm) |
Auch die Workshops mit jeweils 18 Wagner Crews und der Wagner
Community – abwarten. Spannend ebenso
der Abschluss am 07. und 08.12. Eine Wagner
Crew Show von lediglich 90
Minuten? Man darf sich auf ein ganz neues Musiktheatergefühl
freuen. Akira Takayama würde seinem Namen nicht gerecht, wenn er nicht immer
wieder die Bedeutung von Kunst und Kultur infrage stellen und neue Kunst- und
Theaterformate erfinden würde. (Man denke nur an seine letzten Frankfurt Evakuieren- oder McDonalds-Projekte)
Eine Hip Hop-School im
Sinne der Meistersinger mit dem
Schwerpunkt auf Lehren und Lernen, auf Diskussion und Regeldefinition, auf Tradition
und Fortschritt, wird erwartet: Ist Takayama der Hans Sachs in diesem Projekt? Welche Rolle spielt der Architekt, Keigo Kobayashi? Was produziert snipe 1, der Pionier der japanische
Graffitikunst, der die Wagnerspiele mit eigenen Kunstwerken bereichern möchte? Und
Soreal2Fake, alias Konrad
Claus? Ein Blogger mit großer Hingabe
zur Hip Hop Szene, der neben seiner Jury-Tätigkeit noch für die
Öffentlichkeitsarbeit während der 10 Tage verantwortlich ist. Fragen, die erst
am Ende des Projekts wenn überhaupt zu beantworten sind.
Die meisten Veranstaltungen sind kostenlos. Lediglich am 02.,
03., 04. und 06.12. werden Tagestickets von 10/ erm. 5 EUR verlangt. Nicht die
Welt. Ein Grund mehr für alle, die wirkliche und unangepasste Performances
erleben und mitgestalten möchten, zu kommen.
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