Offener Brief an alle, die an die Kultur glauben
Wer glaubt, in der Demokratie schlafen zu können, der wird womöglich in einer Diktatur aufwachen (frei nach Giorgio Agamben)
Es erübrigt sich, die Stelle in Goethes „Faust“ zu zitieren,
der am Ende der Tragödie zweiter Teil „der Weisheit letzter Schluss“ folgendermaßen
zusammenfasst: „Nur der verdient sich Freiheit und das Leben, der täglich sie
erobern muss.“ (Textzeile 11575-11577).
Warum diese Vorrede?
Die schwerste Krise seit Menschengedenken
Wir befinden uns in einer der schwersten Krisen seit
Menschengedenken (die biblische Sintflut vielleicht ausgenommen), ausgelöst
durch einen unsichtbaren Virus, den man SARS COV-2 nennt und die von ihm
ausgelöste Erkrankung Covid-19. Ein Virus, das es in wenigen Monaten schaffte,
die ganze Welt in Angst und Schrecken zu versetzen und die Regierungen
veranlasste, sämtliche Regeln der Demokratie außer Kraft zu setzen, die
Wirtschaften an die Wand zu fahren und die zumindest in der westlichen Welt
hart errungenen Freiheiten auf ein Mindestmaß zu reduzieren, teilweise sogar
auszuschalten. Alles wegen eines Virus´, das sich, wie sich immer deutlicher zeigt, genauso gefährlich und ungefährlich wie in allen vorhergehenden Epidemien
verhält, ja sogar weit unter der Sterblichkeitsrate der Influenza von 2018
liegt (auch unter der von 2020 wie neuerdings auch ermittelt wurde), wo
statistisch gesehen ca. 25.000 Menschen allein in Deutschland an der Grippe
verstarben, aber niemand nur eine Maßnahme zum "Schutz" der Bevölkerung
durchführte. Schlimmer noch. In der gleichen Zeit diskutierte man über die
Schließung von 50 Prozent der Krankenhäuser und förderte mit allen erdenklichen
Mitteln die Privatisierung des Gesundheitssystems und verschenkte sogar für
einen symbolischen Euro Krankenhäuser an profitorientierte Unternehmen.
Warum also jetzt, wo doch innerhalb von sechs Wochen
ungefähr 5000 Menschen mit oder an Corona gestorben sind (man weiß es nicht
genau, weil Autopsien zunächst nicht gewünscht waren und mittlerweile mehr als
einhundert auf eigenen Faust unternommene Autopsien ergeben haben, dass niemand
der Toten ursächlich an Corona verstorben sei) bei täglich ca. 2700 Menschen,
die an diversen Krankheiten oder Unfällen sterben. Eine Zahl also, die keine zwei Tage deckt und
wo nicht einmal klar ist, ob die Toten überhaupt an diesem Virus verstorben
sind – Man rechnet etwa 10-15 Prozent, was einer Zahl von max. 750 (!)
entspräche.
Was also, stellt sich die Frage, will man mit dieser
Pandemie erreichen, wo doch allein der Begriff schon widersprüchlich ist, denn
Pandemie bedeutet laut WHO-Definition seit 2009 nichts weiter als eine
Epidemie, die in zwei oder mehreren Staaten mit gleichen oder ähnlichen Symptomen
auftritt.
Das Desaster
Angefangen hat das Desaster in China im Dezember 2019. Bekannt
allerdings war laut Robert Koch Institut (RKI) dieses „neue“ Virus bereits im
Oktober desselben Jahres. Dann verbreitete es sich, man möchte sagen in einer
globalisierten Welt naturgemäß, über Südostasien auf die gesamte nördliche
Halbkugel: in alle Länder also, wo Urlaub und Big Business die Regel geworden
ist. Erst im Februar reagierte man in Europa, erst beschwichtigend, dann panisch vor dem
Hintergrund, dass China ein Gebiet um Wuhan von mehr als 11 Millionen Bewohnern
abriegelte, Notlazarette baute und der Eindruck entstand, hier würde eine Plage
biblischen Ausmaßes stattfinden.
Die politischen Reaktionen sind sattsam bekannt. Seit dem
13. März – der Höhepunkt der Epidemie hatte seinen Zenit bereits
überschritten und war absolut im Sinkflug begriffen (siehe entsprechende RKI
Tabelle) – sprach man von einem „Killervirus“, der laut Robert Koch Institut
und „Internes Strategiepapier des Innenministeriums“ vom 18.03.2020 (die Leitlinie
der politischen Maßnahmen bis heute) bis zu 1,5 Millionen Todesopfer allein in
Deutschland fordere und steckte nahezu die gesamte westliche Welt unter
Quarantäne. Anfangs durchaus verständlich, weil man tatsächlich an ein absolut
tödliches Virus glaubte und der Begriff einer weltweiten Pandemie sein Übriges
zu dieser Angst beitrug.
Grundgesetz und Demokratie auf Eis gelegt
Gesetze wurden von Jetzt auf Gleich eingefroren, Notstand
verordnet und demokratische Regeln, angeblich zeitlich limitiert, außer Kraft
gesetzt. In Deutschland bedeutete das unter anderem: Versammlungsverbot,
Berufsausübungsverbot für zunächst alle Branchen, eingeschlossen das Auftrittsverbot
für alle Künstler und Musiker, Schließung aller öffentlichen Einrichtungen
(darunter Museen, Ausstellungshallen, Konzerthäuser und Opern), Aufhebung des
Rechts auf Privatheit, Abstandspflicht, „Maulkorbpflicht“ bis hin zur
Einschränkung der Meinungsfreiheit, belegt durch eine wachsende Anzahl von
Löschungen kritischer Beiträge aus den Medien sowie der Verhinderung eines
kritischen wissenschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Diskurses.
Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 120 Wissenschaftler,
darunter Virologen, Nobelpreisträger, Universitätspräsidenten, Epidemiologen,
Mikrobiologen, Psychologen, Rechtswissenschaftler, Rechtsanwälte, Statistiker
und viele vor Ort arbeitende Fachleute aller „systemrelevanten“ Berufe, die
fundiert und ohne politische Absichten das Virus als normal gefährlich
einstufen, die Epidemie bzw. fälschlicherweise die Pandemie für beendet
erklären (die Daten und Fakten beweisen es), die Aufhebung aller
einschränkenden Maßnahmen, die Wiederaufnahme aller wirtschaftlichen Bereiche und die Wiedereinrichtung der
verfassungsmäßigen Rechte einfordern. Abgesehen davon erweisen sich mittlerweile
auch die gesundheitlichen Kollateralschäden gravierender als die Coronafälle,
die übrigens in den Krankenhäusern von Anfang an als untergeordnet eingestuft
wurden.
Angst bestimmt das Geschehen
Leider wurden in den vergangenen Wochen wichtige Operationen
ausgesetzt, um angeblich Intensivbetten frei zu haben, so dass zurzeit 15.000
Betten gar nicht besetzt sind und die Krankenhausverwaltungen erste Mitarbeiter
entlassen oder in Kurzarbeit schicken. Welch ein Widersinn, zumal viele
Menschen vor Angst einsam und ohne Begleitung sterben zu müssen, gar nicht erst
die Krankenhäuser aufsuchen und die Palliativabteilungen meiden, weil auch hier
die Angehörigen, Priester oder psychologischen Begleiter kein Besuchsrecht
haben. Der Irrsinn auf die Spitze getrieben.
Was aber hat das mit der Kultur, den Künstlern, den Schauspielern, den Musikern, den Komponisten, den Intendanten der großen Häuser und Theater, den Dirigenten der Ensembles und kleinen wie großen Orchester, den Patronatsgesellschaften, den Förderern der Künste sowie der langen Liste ihrer Geschäftsführungen zu tun?
Sehr viel. Denn ihnen allen kommt eine der wichtigsten
Aufgaben in einer globalisierten und gleichzeitig auseinanderdriftenden Welt
zu. Welche Ziele verfolgte doch die Kunst und ihre Vertreter seit der
Aufklärung? Man erinnere sich an Immanuel Kant, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Martin
Heidegger und unbedingt auch Theodor W. Adorno, die allesamt auf ihre Weise der
Kultur wie der Kunst einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert beimaßen. So besteht
beispielsweise Adornos Kunstbegriff, den er in seiner Ästhetischen Theorie
formuliert hat, darin, dass Kunst vor allem in ihrer unversöhnlichen
Gegenposition zur Gesellschaft ihre Autonomie erhalten soll und muss.
„Indem sie sich als Eigenes in sich kristallisiert, statt bestehenden
gesellschaftlichen Normen zu willfahren und als gesellschaftlich nützlich sich
zu qualifizieren, kritisiert sie die Gesellschaft durch ihr bloßes Dasein.“
Wir brauchen Kultur
Im Klartext heißt das, dass Kultur eine Lebensform ist, die,
um mit dem großen Kulturdezernenten Frankfurts, Hilmar Hoffmann (1925-2018), zu
sprechen, „zum Zweck der Emanzipation für alle da sein soll, für Individuen,
die politische und kulturelle Verantwortung für sich und ihre Gesellschaft
übernehmen“. Die Künste sind ein Anregungspotential, sie sollen kritische
Prozesse und Diskurse eröffnen, um die Gesellschaft lebendig und
veränderungsoffen zu halten. Dazu aber braucht es Öffentlichkeit, Offenheit,
Wahrhaftigkeit und unbedingten gegenseitig Respekt, was ohne einen
demokratischen Unterbau schon überhaupt nicht geht.
All das aber fehlt uns seit mehr als sechs Wochen in
Deutschland und nahezu allen demokratisch verfassten Ländern. Die Kultur
scheint in Zeiten der Notverordnungen und wachsender wirtschaftliche Depression
(denn dahin wird dieser selbstverschuldete Ausstand führen) keine Rolle mehr zu
spielen. Selbst in der Bundestagsdebatte vom 22.04., wo es um „Hilfen“ für die
notleidende Bevölkerung und Wirtschaft ging, ist kein einziges Mal von der
Notlage der Kultur die Rede gewesen. So, als ob in der Not auch die Kultur von
der Bildfläche verschwinde, unsichtbar werde wie ein Virus.
Ohne Kultur keine Gesellschaft
Noch einmal. Kultur ist eine Lebensform. Ohne sie bestehen
keine Gesellschaften, erst recht nicht moderne, hochkomplexe Zivilisationen,
wie unsere. Wo aber sind sie geblieben, die vielen angesprochenen Kulturträger
und Verantwortlichen? Sind sie abgetaucht?
Jedenfalls ist bis heute, mal abgesehen von einigen Hip
Hoppern (meine Hochachtung für sie), niemand an die Öffentlichkeit getreten, um
Kritik an den an Diktaturen erinnernden Maßnahmen, an den bewusst zerstörerischen
wirtschaftlichen Eingriffen, an den mangelnden Diskursen über Sinn oder Unsinn
der Corona bedingten Einschränkungen, an der medialen Einseitigkeit, mehr
noch: an der Hofberichterstattung nahezu aller öffentlich rechtlichen
Einrichtungen, und vor allem an der Missachtung und Ignoranz gegenüber der
Kultur und ihren künstlerischen Abteilungen zu üben.
Wo sind die einflussreichen Opern- und Konzerthäuser
weltweit, wo die Komponisten, die ihre Musik als Stachel gegen die
gesellschaftlichen Missstände begreifen, wo die Internationalisten, die im
Sinne Immanuel Kants von einem freien Weltbürgertum träumen? Wo die
weltberühmten Solisten, die zwar eifrig von der globalen Rechtsentwicklung
schwadronieren, aber dann, wenn es ernst wird, ihren Schnabel halten und
glauben, durch Online-Konzerte ihr Publikum halten zu können? Mich jedenfalls
nicht. Wo die Intendanten und Geschäftsführer, die vollmundig ihre Geldgeber
loben, weil sie ihnen eine freie Tätigkeit und vollkommene Kreativität
ermöglichen, und jetzt schweigen?
Demokratie braucht Kritik und Diskurs
Gerade in Notzeiten erweist sich die Kunst sowie alle
kulturellen Einrichtungen als das, was sie sind: Entweder sie nehmen ihre
Aufgabe, kritisches gesellschaftliches Element zu sein, ernst, Alternativen zu
kreieren und über den Rand ihrer Tätigkeiten zu schauen, oder, und so scheint
es jetzt, sie tauchen ab und warten solange, bis der Anfall vorbei ist.
Wie sagte ich doch zu Anfang: Wer in der Demokratie schläft,
muss sich nicht wundern, wenn er in einer Diktatur aufwacht. Goethe möchte ich
nicht wieder zitieren, aber eines ist sicher:
Wer als Künstler, Kulturschaffender und überhaupt als kritischer Mensch nicht hinter die Kulissen
schaut, sein wissenschaftliches Verständnis an der Haustür ablegt, Sinn von
Unsinn nicht wirklich unterscheiden möchte oder nicht zu unterscheiden weiß, der sollte
sich zumindest an die Prinzipien der Aufklärung erinnern, und da an Kants
Axiom: „Aufklärung ist der Ausgang der Menschen aus ihrer selbstverschuldeten
Unmündigkeit; Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne
Leitung eines anderen zu bedienen.“ Wie wahr und wie aktuell in einer heutigen
Zeit.
Musik ist Lebenselixier
Liebe Musiker, und an Euch richte ich mich als Musikkritiker
jetzt:
Ich kenne viele von Euch, schreibe seit Jahren über Eure wunderbaren
Konzerte und Auftritte, kenne teilweise Eure kritischen Kommentare, Standpunkte
sowie Eure Einstellung zu dieser deutschen Gesellschaft. Wenn es um die
Abgrenzung gegen rechts, gegen Rechtspopulismus, gegen Nazis und so fort geht,
seid ihr klar dabei, funktioniert sogar Konzerte um und beschimpft zurecht
alles Undemokratische, Nationalistische, kurz: Reaktionäre und Menschenfeindliche.
Was jetzt über uns alle aber hereinbricht, ist allerdings die
Realität des viel Schlimmeren. Jetzt geht es ums Eingemachte und zwar
nicht auf der Bühne mit viel Applaus und medialer Umarmung. Nein, jetzt geht es
um die wirkliche Freiheit und zwar in echt und vor der Haustür. Jetzt besteht
wirkliche Gefahr von Diktaturen im Sinne von Aldous Huxleys Schöne neue Welt
oder George Orwells 1984 (immer noch so aktuell wie vor knapp hundert
Jahren). Jetzt könnt ihr beweisen, dass ihr nicht schlaft, sondern die Kultur wieder
zu dem macht, was sie sein sollte: zur wichtigsten Lebensform in guten wie in
schlechten Zeiten.
Musik muss Stachel und Widerstand in der Gesellschaft sein
Glaubt nicht, dass dieser Zustand, wie wir ihn jetzt erleben,
bald schon wieder vorbei sein wird, denn wenn die Regierung davon spricht, dass
wir uns „erst am Anfang der Pandemie befinden“ (so steht es auch im internen
Strategiepapier und so formulierte es unlängst Frau Merkel und Herr Professor
Drosten), dann meint sie nicht wirklich das Corona Virus, sondern das
wirtschaftliche Desaster, das auf uns zukommen wird (Euch wird das noch härter
treffen als der jetzige Zustand), ein Desaster, wozu sie die Aufhebung der
demokratischen Rechte braucht. Denn nur ein isoliertes Volk kann man auch
manipulieren und führen. Massentheorien (Gustave le Bons Psychologie der Massen
ist dafür ein erkenntnisreicher Lesestoff) und die Geschichte beweisen das
sattsam.
Reduziert Eure Musik nicht auf YouTube, Instagram, Twitter
oder Facebook, sondern meldet Euch mit Statements, schreibt offene Briefe und
nutzt Eure Musik dazu, der Gesellschaft wieder echte Kultur zu vermitteln: eine
kritische, mit Stacheln und Widerständen. Organisiert zum Beispiel Flashmobs (natürlich mit dem nötigen Abstand) und macht deutlich, dass ihr aufgeklärte Menschen seid, kritisch und mündig und nicht alles glaubt, was die Hofberichterstattung mit ihren politischen
Adlaten und wissenschaftlichen Göttern auftischen.
Meine Wenigkeit versucht weiterhin, der Kunst und Musik treu
zu bleiben, warte aber gespannt auf Taten der Kulturprotagonisten aller Couleur. Ich jedenfalls werde aktiv für den Erhalt unserer Verfassung und damit unserer Freiheit und Demokratie einstehen.
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