Donnerstag, 6. Juli 2023

36. Rheingau Musik Festival vom 24.06. bis zum 02.09.2023

God Save the King mit dem Hochschulchor der HfMDK (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst), Leitung: Florian Lohmann und der Cappella Academica Frankfurt, Leitung: Eva Maria Pollerus, Kloster Eberbach, 05.07.2023

Hochschulchor der HfMDK und Cappella Academica Frankfurt, am Pult: Florian Lohmann, am Cembalo: Eva Maria Pollerus (Foto: Ansgar Klostermann)

Jung und begeisterungsfähig

Es gehört schon zur Tradition, dass sich die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) Frankfurt auf dem RMF präsentiert. Und immer versprechen ihre Aufführungen großen musikalischen Einfallsreichtum und exzellente Präsentation. Nicht zu vergessen eine restlos ausverkaufte Basilika – das RMF lebt – sowie ein junges begeisterungsfähiges Publikum. So auch in diesem Jahr.


Huldigung an die Inthronisation Charles III.

God Save the King, Thema des Abends, ist eine Huldigung an die im Mai des Jahres vollzogene Inthronisation von Charles III. in der Nachfolge seiner verstorbenen Mutter Elisabeth II. Zentrum des Programms bildeten denn auch vor allem Werke von Georg Friedrich Händel (1658-1759), Georg Philipp Telemann (1681-1767) sowie Georg Muffat (1653-1704). Alles Zeitgenossen der europäischen Königreiche und Fürstentümer, die ihren Herren und Geldgebern fürstliche Referenz und höfische Galanterie boten.

Den Rahmen des Programms bildete das Coronation Anthem (1727) von Händel, ein vierteiliges Auftragswerk des britischen Königs Georg II. zu dessen Krönung in der Westminster Abbey am 11. Oktober 1727. Auch Charles III. genoss zu seiner Krönung im vergangenen Mai dieses Werk, beschreibt es doch den zeremoniellen Fortgang des Krönungsaktes und begleitet in hymnischen Folgen mit eingestreuten Psalmodien den traditionellen Fortgang der Inthronisation. Nebenbei bemerkt ist diese feierliche Musik (die Eingangshymne aus Zadok the Priest) noch heute in allen Fußballstadien der UEFA Champions League zu hören.

 

Große Umsicht und perfekte Kommunikation

Ein wunderbarer Einstieg in das Abendprogramm mit einem hoch engagierten Hochschulchor unter der souveränen Leitung vom Professor für die Chorklasse an der HfMDK, Florian Lohmann, und der Ergänzung durch die Cappella Academica Frankfurt auf barocken Instrumenten, die am Cembalo durch die Professorin für Cembalo und Generalbass, Eva Maria Pollerus, mit großer Umsicht und (anfangs nicht immer) perfekter Kommunikation geführt wurde.

Die Intermezzi von Telemann und Muffat hatten es in sich. So ist das Concerto grosso D-Dur für drei Trompeten und Orchester TWA54:D3 (1716) von Georg Friedrich Telemann, er hielt sich in der Entstehungszeit der Komposition vier Jahre in Frankfurt auf, eine Art Serenata zur Feierlichkeit der Geburt von Prinz Leopold, dem Erben des damals amtierenden Kaisers Karl VI. Der Zusatztitel zur Ouvertüre: „Deutschland grünt und blüht im Friede(n)“ verweist auf den Glauben an eine friedliche und reiche Zukunft mit der Geburt des zukünftigen Herrschers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Panorama des Klosters Eberbach (Foto: Kimi Rump)

Große Ereignisse werfen ihre musikalischen Schatten

Man erzählt sich, dass zu diesem Ereignis auf dem Frankfurter Römerberg und seiner Umgebung Gottesdienste, Bankette, Fanfarenspiele mit anschließenden Kanonenböllern stattgefunden und tausende von Frankfurter Bürger an diesem Spektakel teilgenommen hätten. Tatsächlich hat dieses dreiteilig Concerto grosso mit Chor und Orchester (damals erweitert durch Darmstädter Sänger und Instrumentalisten) mit großem Pomp stattgefunden.

In der Basilika des Klosters Eberbach zwar ohne Chor, aber dafür mit großer Verve und pulsierenden Rhythmen dargeboten.  

Innenansicht der Basilika des Klosters Eberbach (Foto: Kimi Rump)

Ein Weltenbürger revolutioniert die Musik

Georg Muffat ist ein Weltenbürger seiner Zeit. Er lebte und arbeitete als Organist und Komponist in fast ganz Europa, vor allem in Frankreich, Italien und in deutschsprachigen Gebieten. Er hatte Kontakt mit dem berühmten Jean-Baptist Lully (1632-1687), der am Hof Ludwig XIV für Amüsement aber auch Skandale sorgte, mit dem Italiener und Musikavantgardisten Arcangelo Corelli (1653-1713, er schrieb erstmals Concerti Grossi und revolutionierte die Sonatenform) und zu Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704, ein großer Experimentator auf den Saiteninstrumenten).


Eine süße Sinfonie für den Frieden

Muffats Musik enthält viel französisches, italienisches und auch deutsches Flair. Seine beiden Werke an diesem Abend bestehen aus der Sammlung Florilegium Primum von 1695, eine siebenteilige Suite mit höfischen Tänzen, der er den Titel „Fasciculus III in d Gratitudo“ gegeben hat, was so viel heißt wie, ein Päckchen von Tänzen in der Tonart D-Dur. Gedacht ist es als, so wird Muffat zitiert, „süße Sinfonie … vielleicht ein Präludium auf den geliebten Frieden.“

HfMDK-Chor und Cappella Academica Frankfurt, am Cembalo: Eva Maria Pollerus, links daneben mit Violine: Petra Müllejans, Stimmführern (Foto: Kimi Rump)

Das Gehör verzücken

In ähnlicher Absicht entstand sein zweites, im italienischen Stil verfasstes Werk aus der Sammlung Armonico Tributo: die Sonata Nr. 2 g-Moll (1682). Hier versucht sich Muffat bereits am Concerto Grosso: Fünf höfische Tänze werden unterteilt in fünf Grave. Die Tänze zeichnen sich durch solistische Einschübe aus, vor allem von den barocken Oboen d´Amore, den Bachtrompeten und den Traversflöten ausgeführt. Die Grave finden immer im Tutti statt und bilden quasi Refrains. Aber dem Komponisten scheint es bereits um die musikalische Dynamik zu gehen. Nicht mehr um laut-leise, nicht mehr um schnell-langsam soll es gehen, sondern um vielseitige Nuancen der Darbietung, damit das Gehör, so der Meister selbst, „in eine absonderliche Verwunderung verzuckt“ wird. Ob man von dieser Musik heute noch in „absonderliche Verzückungen“ versetzt wird, sei dahingestellt, aber was das Ensemble bot, strotze vor Lebendigkeit und guten solistischen Einlagen der Instrumentalisten.

 

Viel Analogie zu heute

Ein besinnlicher, fröhlicher, manches Mal melancholischer, immer aber höchst engagierter Abend mit galanter divertissanter Musik aus der Zeit der Königreiche und Fürstentümer und, in Analogie zu heute, aus einer Zeit, die bis heute nachwirkt und immer noch seine Bedeutung hat. Tatsächlich besteht Europa mehr aus konstitutionellen Monarchien als aus parlamentarischen Demokratien.

Passend dazu bot das Ensemble noch das Halleluja aus Händels Messias. Ein Abschluss nach Maß.

 

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