36. Rheingau Musik Festival vom 24.06. bis zum 02.09.2023
The Planets – eine interstellare Reise mit dem City Light Symphony Orchestra unter der Leitung von Kevin Griffiths, Rheingold Halle Mainz, 26.08.2023
City Light Symphony Orchestra, rechts: Kevin Griffiths (Foto: Ansgar Klostermann) |
Ein schier endloser Kosmos
Erstmals residierte
das RMF in der vollbesetzten Rheingoldhalle in Mainz, der Hauptstadt von Rheinland-Pfalz:
Mal wieder ein erfolgreicher Schritt in die Weite des Rhein-Main -Gebiets. Und
das mit einer intergalaktischen Thematik aus Film, griechischer Mystik und
unbekannten Flugobjekten aus dem schier endlosen Kosmos.
Musiken aus den Weiten des Raumes
Ein noch sehr
junges Orchester aus dem Schweizer Luzern (es gab sein Debüt im Jahre 2018 im Kultur-und-Kongress-Zentrum
Luzern) hat sich zur Aufgabe gestellt, Filmklassiker, Science-Fiction-Streifen,
Thriller, Abenteuer- und Lovestorys in musikalische Szene zu setzen, und das
machen die Studenten und Profis in diesem über einhundert Musikerinnen und
Musiker starken Klangkörper in ausgezeichneter Weise. Mit stetig wechselnden
musikalischen Leitern traten sie zum ersten Mal im Rahmen des RMF unter dem Motto:
Musik aus den Weiten des Raumes auf und boten neben den The Planets (1914-1916)
von Gustav Holst (1874-1934) eine interstellare Reise durch Filmmusiken von Ron
Goodwin (1925-2003), John Williams (*1932), James Horner (1953-2015), Jerry
Goldsmith (1929-2004) bis zu Michael Giacchino (*1967).
Die Planeten aus kosmologischer und mythologischer Sicht
Alles beginnt mit Gustav Holsts The Planets – An HD Odyssey. Eine Suite mit der musikalischen Beschreibung von sieben Planeten, die Holst während des 1. Weltkrieges zwischen 1914 und 1916 fertigstellte. Eine Konzeption weniger astronomischer, sondern vielmehr kosmologischer und mythologischer Natur. Die nach römischen Gottheiten benannten Planeten, I- Mars, II- Venus, III- Merkur, IV-Jupiter, V- Saturn, VI- Uranus und VII- Neptun, umkreisen unser Sonnensystem (hier in der Folge der Tierkreiszeichen) und bekommen unter der Hand des Komponisten ganz spezielle horoskopartige Eigenschaften. So sieht er Mars als den Willensstarken und Überschwänglichen an, Venus als die Sinnliche, der Schönheit Verpflichtete, Merkur als den Verstandeswilligen, Jupiter als den Freude und Lebenskraft Spender, Saturn als den langsamen Lebensfortschritt Verfolgenden, Uranus als den Okkulten, Enigmatischen und Neptun als den psychisch Sensiblen.
Ein monströser Klangkörper und spektakulärer NASA-Film
Nicht genug
damit, wurde dieses ursprünglich für zwei Klaviere gedachte Werk von ihm später
für großes Orchester ausgelegt und das Publikum durfte in der Rheingoldhalle
mehr als 100 Instrumentalisten erleben, darunter sage und schreibe sechs Hörner,
vier Trompeten, zwei Posaunen, ein Euphonium, eine Bass Tuba sowie insgesamt 16
Holzblasinstrumente und diverse Perkussionsinstrumente, wie Pauken, Trommeln,
Becken, Tamtam, Glockenspiel, Xylophon, Celesta und last but not least einen
Synthesizer. Unfassbar gewaltig dieser monströse Klangkörper, der dazu noch von
einem Film der NASA im Hintergrund spektakulär bereichert wurde.
Diesem
außergewöhnlichen Film, der erstmals vom Houston Symphonie Orchestra 2010 im Broward Center in Fort Lauderdale im Zusammenhang mit Holsts The
Planets uraufgeführt wurde, kann man nur größten Respekt zollen. Der Film
widmet sich vor allem den Monden von Jupiter und Saturn, aber auch der 900 Grad
heißen Venus und allen anderen genannten Planeten, wo vor allem der blitzeblaue
Neptun hervorsticht. Großartig die Szenen auf dem Mars, wo Bilder der Berge,
Schluchten und Krater des roten Planeten förmlich über die Leinwand flogen. In
geringer Höhe jagten unsichtbare Flugkörper über die kahlen roten Landschaften,
wobei die Musik mit langen Crescendi in pochenden, treibenden Rhythmen das
Ganze wie ein Kriegsgetümmel wirken ließ.
Tatsächlich gilt Mars als der Planet des Krieges und Holst werden auch Bezüge zum 1. Weltkrieg in dieser Suite nachgesagt. Ganz im Gegensatz zur Venus, dem Planeten des Friedens, dem Holst eine sanfte, ja schwebende Musik widmet. Bekanntlich ist die Venus aber eher ein höllischer Ort, als einer der Schönheit und der Ästhetik. Aber Holst ging es ja nicht um astronomische Tatsachen, sondern, wie gesagt, um Mythologie und Kosmologie.
City Light Symphony Orchestra (Foto: Priska Ketterer) |
Nahezu alle musikalischen Genres inspiriert
Dennoch ein
perfektes Zusammenspiel von Filmszenen, die geschickt von Makro- zu
Mikro-Eindrücken wechselten, bis hin zu fraktalen Episoden und Spektralfarben
von einzigartiger Wirkung. Musikalisch lebt dieser Suitensatz von einfachen,
sehr eingängigen melodischen Splittern und Motiven in unterschiedlichen Tempi
und Rhythmen. Holst hat kein Problem, dabei Anleihen bei Strawinskis Sacre du Printemps
und Feuervogel für die Venus und den Jupiter zu nehmen, Arnold Schoenberg und
Wichard Wagner zu zitieren und Paul Dukas´ Zauberlehrling im Uranus heraushören
zu lassen. Aber gerade diese Mischung scheint den Erfolg dieses Werkes
ausgemacht zu haben. So bildete das Kernstück des Jupiters die Titelmusik der
Rugby-Union-Weltmeisterschaft von 1991 und Lady Diana ließ sich die Melodie bei
ihrer Trauung 1981 vorspielen.
Gustav Holst,
ein britischer Schwede, hat mit dieser Planeten Suite weltweit nahezu alle
musikalischen Genres inspiriert, dazu zählen Black Sabbath, Manfred Mann,
Supertramp, Iron Maiden, Emerson Lake und Palmer und viele andere Größen aus
Jazz, Rock-Pop und Klassik.
Junge Wilde Solisten mit spannungsgeladener
Performance
Die Kombination The
Planets mit der HD-Odyssee der NASA passte perfekt zusammen, und der musikalische
Leiter, Kevin Griffith, ein gebürtiger Londoner, verstand es mit größter
Energie und Umsicht, dieses Orchester von Jungen-Wilden-Solisten und
Einzelkämpfern zusammenzuschweißen und eine spannungsgeladene Performance
anzubieten.
Ein Ritt durch die Galaxis mit sehr ähnlicher Musik
Eigentlich war
damit der Höhepunkt des Abends bereits erreicht. Aber es stand noch eine Reise in
den Welt- und Luftraum bevor. Sieben kurze Auszüge, teilweise untermalt mit entsprechenden
Film-Trailern. Darunter von Ron Goodwin die Ouvertüre aus dem Film 633
Squadron, ein Kriegsfilm von 1964 mit special effects von riskanten
Flugszenen (hier zeigte man lediglich ein starres Planetenbild auf der Leinwand).
Vorbild allerdings für diverse Kompositionen aus der Star Trek Reihe First
Contact (1996) von Jerry Goldsmith, den Soundtracks von James Horner zum
Filmdrama Apollo 13 von 1995 (hier mit einem herrlichen Trailer der Superstars
Tom Hanks, Kevin Bacon und Gary Sinise) sowie den diversen Filmmusiken von John
Williams zu Superman (1978) wie aus der Star Wars Reihe: The Force Awakens
(2015) und seiner ET-Version Der Außerirdische (1982), einer der erfolgreichsten
Filme der Kinogeschichte unter der Regie von Steven Spielberg. Hier mit einem
Trailer, der noch einmal die Emotionen zwischen-Mensch-und-Alien auf die Spitze
treiben lässt.
Tatsächlich ähneln
sich alle die Filmmusiken in Struktur und Instrumentation: Sehr viel
Signalmusik von Trompeten, Hörnern und Posaunen, deutlicher pulsierender Rhythmus
von Vier- und Drei-Vierteln, klare, einfache und eingängige Melodien und vor allem
viel Action.
Vergessen wir nicht Michael Giacchinos: Jyn Erso und Hope Suite aus Rogue One: A Star Wars Story (2016), ein düsterer Streifen aus der Jedi-Welt, hier aber eine sechs-minütige wunderschöne Ballade, die in Vielem an den melodischen Einfallsreichtum von John Williams erinnert.
City Light Symphony Orchestra, rechts: Kevin Griffiths (Foto: Ansgar Klostermann) |
Soundtrailer können tatsächlich begeistern
Tatsächlich leben die Filmmusiken von ihrer Interpretation, der Farbigkeit der Orchesterzusammensetzung und der spannungsgeladenen Ausschmückung der einfachen melodischen Folgen. Das alles beherrscht das City Light Symphony Orchestra in ausgezeichneter Weise. Alle Akteure waren höchst motiviert (einer Violinistin flog sogar der Bogen aus der Hand) und der energiegeladene sportliche Dirigent, Kevin Griffiths, tat sein Übriges. Allein seine Präsenz stachelte regelrecht zu Höchstleistungen an. Großartig, wie einfache Sound-Trailer begeistern können. Dieses Orchester war bestimmt nicht zum letzten Mal da.
Eine Zugabe aus dem
John Williams in Vienna Album The Flight to Neverland (2020) zeugte noch
einmal vom Ideenreichtum des Vielschreibers John Williams und der wunderbaren
Gabe des Orchesters, diese Musik in perfekter Manier vorzutragen. Langer und
freundlicher Applaus des sichtlich begeisterten Publikums.
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