Donnerstag, 14. Dezember 2023

Nils Landgren „Christmas with my Friends“, Kurhaus Wiesbaden, 13.12. (eine Veranstaltung von PRO ARTE Frankfurt)

Nils Landgren (Foto: Ansgar Klostermann)

Ein Oktett der ganz eigenen Klasse

Nils Landgren ist nicht nur ein außergewöhnlicher Jazz Posaunist, sondern auch ein Entertainer par excellence. So hatte er vor 17 Jahren die Idee, seine musikalischen Freunde in der Weihnachtszeit einzuladen, gemeinsam mit ihnen durch die Hallen, Kirchen und Konzertsäle in Schweden und Deutschland zu ziehen und sich und das geneigte Publikum auf das Weihnachtsfest einzustimmen. Alle zwei Jahre entstand so eine neue Weihnachts-LP und der Erfolg gab ihm recht. Mittlerweile liegt die achte Ausgabe auf dem Gabentisch (Oktober 2023) mit eigenen und bekannten Weihnachtsliedern, gespielt und arrangiert von einem Oktett der ganz eigenen Klasse.

 

Ein farbiges Programm

Darunter sind keine geringeren als Jonas Knutsson an den Saxophonen (Tenor und Alt und Sopran), Johan Norberg an der Gitarre, Clas Lassbo (neues Mitglied) am Kontrabass, Ida Sand am Klavier und drei Sängerinnen, Sharon Dyall (Alt), Jessica Pilnäs (Mezzo) sowie Jeanette Köhn (Sopran).

Viel Farbe begleitete das ausgedehnte, aber sehr ausgewogene Programm dieses Oktetts. Nicht von ungefähr ist die Farbe der aktuellen LP orange. Warum? Weil die Mutter Landgrens zum Weihnachtsfest immer frische Orangen mitbrachte, was ihm noch bestens in Erinnerung geblieben sei. Farbig war die Bühne des vollbesetzten Kurhauses, farbig die Musik und farbig auch die Songtexte. Man denke nur an das grüne Oh Tannenbaum, oder an das goldene in dulce jubilo. Aber dazu später.

v. l.: Ida Sand, Jeanette Köhn, Clas Lassbo (verdeckt), Jessica Pilnäs,
Sharon Dyall, Johan Norberg, Nils Landgren, Jonas Knutsson
(Foto: Ansgar Klostermann)

Ein bestens harmonierendes Gesangstrio

Gleich zu Anfang stimmte die gesamte Gruppe mit dem wunderbaren Blue Christmas von Bill Hayes & Jay Jonson ein. Ein Song, den bereits Elvis Presley berühmt gemacht hat. Nach der Vorstellung der buntigen Bühnenakteure, Lindgren ist ein Meister der Moderation, brillierte er gleich mit einem Gesangsolo, hell und leicht, bei bester musikalischer Begleitung seiner Crew. Es folgten Schlag auf Schlag kurze Songs von Sharon Dyall in blutrotem Outfit, It´s a most wonderful time, in bluesigem Groove, mit tiefer kraftvoller Stimme, dann die Mezzosopranistin Jessica Pilnäs in einer Silber glitzernden schwarzen Robe, die Santa Baby (von Joan Javis, Phil & Tony Springer) mit strahlender Ausdruckskraft vortrug, gefolgt von der Sopranistin Jeanette Köhn mit einem choralähnlichen schwedischen Kirchenlied, homophon von den Instrumentalisten begleitet, von einer herausragenden Stimmgewalt. Bis dahin eines der besten Nummern dieses Abends.

 

Blau, wie der echte Blues

Ida Sand am Klavier bot dann einen klassischen Blues an. I had a Blue Christmas with you sang sie in eigener Begleitung, in durchdringend geschärfter Altstimme, dabei einfühlsam von Tenorsaxophon, Posaune, Gitarre und Kontrabass unterfüttert. Der Saal verwandelte sich dabei in ein herrliches Blues-Blau.

Nils Lindgren, der sich angenehm zurücknahm, denn er ist der Namensgeber und Erfolgsgarant dieses Formats, glänzte durch wunderschöne Balladen, seinen Dreaming Song Your dreams gone true, und kurze wohltuende Moderationen. Das Gesangsdamenquartett trat wenige Male, aber dann mit bester stimmlicher Ausgewogenheit ins Rampenlicht. So bei Sharon Dyalls Songwriting Ein süßes Leckerle (so nannte sie das Lied) und als Höhepunkt bei Tochter Zion. Gerade bei den klassischen Weihnachtschorälen stach in besonderer Weise Jeanette Köhn heraus. Ihr Sopran war absolut opernreif und dennoch leicht von jazzigem Smooth durchdrungen.

v. l.: Ida Sand, Jeanette Köhn, Clas Lassbo, Jessica Pilnäs, Sharon Dyall,
Johan Norberg, Nils Landgren, Jonas Knutsson
(Foto: H.boscaiolo)


„Imagine“ ist die Message

Dramaturgisch zugespitzt endeten die insgesamt 20 Nummern – darunter auch so bekanntes wie Soon after Christmas, Julganglat (ein 100 Jahre altes schwedisches Weihnachtslied) oder It´s the most wonderful time of the Year – mit Imagine there´s no Heaven (bekannter Song der Beatles), hier im Duo Nils Lindgren und Johan Norberg vorgetragen. Eine Art Message an das Publikum: Livin´ live in Peace, in verrückten Zeiten, in der sich Welt momentan befindet. Und natürlich durfte auch Stille Nacht Heilige Nacht nicht fehlen. In drei Sprachen von allen Teilnehmern des Oktetts gesungen und schließlich auch vom Publikum. Und das gar nicht so schlecht.

Was soll man sagen? Es war ein besinnlicher, friedvoller Abend unter Freunden und so gar nicht von jazziger Aufmüpfigkeit nachdenklichen Improvisationen. Eher einer des Vergessens, einer, der die schlechten Realitäten vor den Toren des Kurhauses zurückließ. Absolut nachvollziehbar und dennoch ein wenig arg süß. Dafür aber von ausgesprochener Professionalität, Farbigkeit und bester Ausgewogenheit. Frohe Weihnachten.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen