Brad Mehldau Trio, Alte Oper Frankfurt, 12.05.2024
Brad Mehldau (Foto: Michael Wilson) |
Ein Ausnahme-Trio der Jazzszene
Es versteht
sich von selbst. Das Brad Mehldau Trio,
mit Brad Mehldau (*1970) am Flügel, Jorge Rossy (*1964) am Schlagzeug und Felix
Moseholm (*1997) am Kontrabass, gehört - folgt man den Kritikern - mit zum Besten, was die Jazzszene international
zu bieten hat. Allein die unzähligen Grammys und Auszeichnungen belegen das darüber hinaus.
Seit 1995 besteht dieses Trio – allerdings mit wechselnder Besetzung, dafür
aber konsequent in Dreierformation. Ältestes Mitglied mit kurzen
Unterbrechungen ist der katalanische Schlagzeuger Jorge Rossy, und frisch
dazugekommen ist der erst 27-jährige Kopenhagener Felix Moseholm, der sein
Studium an der New Yorker Juilliard School im Jahre 2023 abschloss und zu
diesem Trio stieß.
"Improvisierender Jazzmusiker"
Zu Brad Mehldau gibt es eine immer wiederkehrende, quasi zusammenfassende Qualifizierung seiner Spielweise und seines Stils. So bezeichnet man ihn gerne „als Erneuerer des klassischen Jazz-Klaviers, als emotionstiefen Eklektiker, eigenwilligen Traditionalisten und großen Romantiker“. Mehldau selbst allerdings reduziert sich lieber auf einen „improvisierenden Jazzmusiker“, seine „Musik drücke nichts aus außer sich selbst“. Dennoch sind seine musikalischen Bezüge zu Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms, Franz Schubert, aber auch zu Miles Davis, Bill Evans, Oscar Peterson oder auch zu John Coltrane unverkennbar.
Felix Moseholm (Foto: All About Jazz) |
Feinste Abstimmung
Kommen wir
an dieser Stelle zu seinem Konzertabend im vollbesetzten großen Saal der Alten Oper
Frankfurt. Mehldau bot insgesamt
neun Stücke aus seinem riesigen diskographischen Repertoire. Gleich zu Beginn
drei Eigenkompositionen, Orchestra Ending,
Blues Impacts und Walk in a Parc. Alle Songs elektronisch fein abgestimmt
und in cooler Manier dargeboten. Orchestra
Ending erinnerte ein wenig an Bachs Goldbergvariationen,
Variation 28, mit langen Trillern und kontrapunktisch-transparenter
Zweistimmigkeit. Auffallend aber auch die klassischen Patterns im Stil Oscar
Petersons und seine treibende Rhythmik.
Blues Impacts bestand in seiner Motivik hauptsächlich aus Sechst-Intervallen, sehr melodisch angelegt mit einem exzellenten Kontrabass Solo von Felix Moseholm, das von Mehldau mit knappem Generalbass und von Rossy mit leisen, feinziselierten Klängen begleitet wurde. Walk in a Parc schloss das einleitende Dreierkonstrukt mit einer melancholischen, fast elegischen Weise ab. Viel romantisches Flair im Bebop-Stil und sehr, sehr leisen Tönen vor allem auch des Schlagzeugers.
Jorge Rossy (Foto: Gerhard Richter) |
Nie das Mezzoforte überschreitend
Nach einer kurzen Begrüßung, Mehldau verliert nicht viele Worte, sagt er Boomerang und Emperor´s Waltz an. Zwei Eigenkompositionen mit wiederholter chromatischer Wellenbewegung beim Ersten, und rhythmischen Wechseln in den Dreiertakt eines Walzers beim Zweiten. Ausgewogen, nie über ein Mezzoforte hinausgehend und immer irgendwie mit angezogener Bremse, vor allem des äußerst einfühlsamen Schlagzeugers Jorge Rossy.
Brad Mehldau (Foto: Programmheft Alte Oper Frankfurt) |
Suche nach musikalischer Synthese
Resignation und das folgende, leider nicht angesagte Werk, erinnerten stark an Johannes Brahms Intermezzi und J. S. Bachs Zweistimmige Inventionen. Auffallend, dass Mehldau das One Finger Play bevorzugt, nie akkordisch spielt, und man immer den Eindruck hat, er suche nach neuen Architekturen, nach neuen, in Töne gefasste Formen. Mal in tiefer Meditation und dann wieder in aufmerksamer Kommunikation mit seinen Mitstreitern. Mitstreiter deshalb, weil man spürt, dass alle drei eigene Interpretationen bevorzugen, immer aber nach einer musikalischen Synthese suchen.
Brad Mehldau, Felix Moseholm, Jorge Rossy in der Alten Oper Frankfurt (Foto: H.boscaiolo) |
Ein Standard
von George Gershwin Long ago and far away,
sehr virtuos und einem ungewöhnlichen Solo des Schlagzeugers Jorge Rossy, eines, das immer wieder
durch Klavier und Kontrabass unterbrochen wurde, mit oktavierendem Finale,
sowie eine Eigenkomposition Young and
Foolish, ein Song mit selbst verfasstem Liedtext, rundeten das offizielle
Programm ab. Der Text steht im Zusammenhang mit der Corona-Krise, mit Isolation
und ihren menschlichen Folgen, wie er selbst sagt. An dieser Stelle vielleicht
die Schlussstrophe:
„We were
foolish, one day we fell in love
Now we wonder
what we were dreaming of
Smiling in
the sunlight, laughing in the rain,
I wish that
we were young and foolish again.“ (Text sic.)
Natürlich
wurde nicht gesungen. Das Publikum allerdings tobte und verlangte nach mehr.
Mit zwei
Zugaben, einmal House on Hill und Nobody else but me, zwei Songs, die
durchaus in jeder Jazz Bar Platz gehabt hätten, verabschiedete sich das Brad Mehldau Trio auf sympathische und coole
Weise. Ein Trio, das seine Anhänger hat, zu Recht, das aber, meines Erachtens, zumindest an diesem Abend nicht
unbedingt vom Hocker riss.
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