Montag, 13. Mai 2024

Brad Mehldau Trio, Alte Oper Frankfurt, 12.05.2024

Brad Mehldau (Foto: Michael Wilson)

Ein Ausnahme-Trio der Jazzszene

Es versteht sich von selbst. Das Brad Mehldau Trio, mit Brad Mehldau (*1970) am Flügel, Jorge Rossy (*1964) am Schlagzeug und Felix Moseholm (*1997) am Kontrabass, gehört - folgt man den Kritikern - mit zum Besten, was die Jazzszene international zu bieten hat. Allein die unzähligen Grammys und Auszeichnungen belegen das darüber hinaus. Seit 1995 besteht dieses Trio – allerdings mit wechselnder Besetzung, dafür aber konsequent in Dreierformation. Ältestes Mitglied mit kurzen Unterbrechungen ist der katalanische Schlagzeuger Jorge Rossy, und frisch dazugekommen ist der erst 27-jährige Kopenhagener Felix Moseholm, der sein Studium an der New Yorker Juilliard School im Jahre 2023 abschloss und zu diesem Trio stieß.

 

"Improvisierender Jazzmusiker"

Zu Brad Mehldau gibt es eine immer wiederkehrende, quasi zusammenfassende Qualifizierung seiner Spielweise und seines Stils. So bezeichnet man ihn gerne „als Erneuerer des klassischen Jazz-Klaviers, als emotionstiefen Eklektiker, eigenwilligen Traditionalisten und großen Romantiker“. Mehldau selbst allerdings reduziert sich lieber auf einen „improvisierenden Jazzmusiker“, seine „Musik drücke nichts aus außer sich selbst“. Dennoch sind seine musikalischen Bezüge zu Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms, Franz Schubert, aber auch zu Miles Davis, Bill Evans, Oscar Peterson oder auch zu John Coltrane unverkennbar.

Felix Moseholm (Foto: All About Jazz)

Feinste Abstimmung

Kommen wir an dieser Stelle zu seinem Konzertabend im vollbesetzten großen Saal der Alten Oper Frankfurt. Mehldau bot insgesamt neun Stücke aus seinem riesigen diskographischen Repertoire. Gleich zu Beginn drei Eigenkompositionen, Orchestra Ending, Blues Impacts und Walk in a Parc. Alle Songs elektronisch fein abgestimmt und in cooler Manier dargeboten. Orchestra Ending erinnerte ein wenig an Bachs Goldbergvariationen, Variation 28, mit langen Trillern und kontrapunktisch-transparenter Zweistimmigkeit. Auffallend aber auch die klassischen Patterns im Stil Oscar Petersons und seine treibende Rhythmik.

Blues Impacts bestand in seiner Motivik hauptsächlich aus Sechst-Intervallen, sehr melodisch angelegt mit einem exzellenten Kontrabass Solo von Felix Moseholm, das von Mehldau mit knappem Generalbass und von Rossy mit leisen, feinziselierten Klängen begleitet wurde. Walk in a Parc schloss das einleitende Dreierkonstrukt mit einer melancholischen, fast elegischen Weise ab. Viel romantisches Flair im Bebop-Stil und sehr, sehr leisen Tönen vor allem auch des Schlagzeugers.

Jorge Rossy (Foto: Gerhard Richter)

Nie das Mezzoforte überschreitend

Nach einer kurzen Begrüßung, Mehldau verliert nicht viele Worte, sagt er Boomerang und Emperor´s Waltz an. Zwei Eigenkompositionen mit wiederholter chromatischer Wellenbewegung beim Ersten, und rhythmischen Wechseln in den Dreiertakt eines Walzers beim Zweiten. Ausgewogen, nie über ein Mezzoforte hinausgehend und immer irgendwie mit angezogener Bremse, vor allem des äußerst einfühlsamen Schlagzeugers Jorge Rossy.

Brad Mehldau (Foto: Programmheft Alte Oper Frankfurt)

Suche nach musikalischer Synthese

Resignation und das folgende, leider nicht angesagte Werk, erinnerten stark an Johannes Brahms Intermezzi und J. S. Bachs Zweistimmige Inventionen. Auffallend, dass Mehldau das One Finger Play bevorzugt, nie akkordisch spielt, und man immer den Eindruck hat, er suche nach neuen Architekturen, nach neuen, in Töne gefasste Formen. Mal in tiefer Meditation und dann wieder in aufmerksamer Kommunikation mit seinen Mitstreitern. Mitstreiter deshalb, weil man spürt, dass alle drei eigene Interpretationen bevorzugen, immer aber nach einer musikalischen Synthese suchen.

Brad Mehldau, Felix Moseholm, Jorge Rossy 
in der Alten Oper Frankfurt (Foto: H.boscaiolo)

Young and Foolish

Ein Standard von George Gershwin Long ago and far away, sehr virtuos und einem ungewöhnlichen Solo des Schlagzeugers Jorge Rossy, eines, das immer wieder durch Klavier und Kontrabass unterbrochen wurde, mit oktavierendem Finale, sowie eine Eigenkomposition Young and Foolish, ein Song mit selbst verfasstem Liedtext, rundeten das offizielle Programm ab. Der Text steht im Zusammenhang mit der Corona-Krise, mit Isolation und ihren menschlichen Folgen, wie er selbst sagt. An dieser Stelle vielleicht die Schlussstrophe:

„We were foolish, one day we fell in love

Now we wonder what we were dreaming of

Smiling in the sunlight, laughing in the rain,

I wish that we were young and foolish again.“ (Text sic.)

Natürlich wurde nicht gesungen. Das Publikum allerdings tobte und verlangte nach mehr.

Mit zwei Zugaben, einmal House on Hill und Nobody else but me, zwei Songs, die durchaus in jeder Jazz Bar Platz gehabt hätten, verabschiedete sich das Brad Mehldau Trio auf sympathische und coole Weise. Ein Trio, das seine Anhänger hat, zu Recht, das aber, meines Erachtens, zumindest an diesem Abend nicht unbedingt vom Hocker riss.    

 

 

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